Hamburg, den 28. November 2012 vor der O2 World; Kevin und ich werden von Tourmanger Robert in das Innere der Halle gebracht, wo die Toten Hosen gerade für einen finalen Soundcheck auf der Bühne stehen. Während Kevin euphorisch die ersten Schnappschüsse von der Bühne macht, lese ich mir noch einmal nervös die Fragen durch. Monatelang hatte ich auf ein Interview mit meiner Lieblingsband gehofft und nun war es innerhalb weniger Tage geschehen: Ich hatte die Bestätigung!
Arnim von den Beatsteaks, der an diesem Abend Gastsänger sein würde und Vom kommen kurz vorbei, sagen Hallo. Dann geht es in einen der vielen Backstageräume, wo ich es mir auf dem Sofa gemütlich mache und Kevin sein Equipment vorbereitet. Andi lässt nicht lange auf sich warten, bietet uns gut gelaunt Getränke und Gummibärchen an, ehe wir unser Interview beginnen.
Ihr seid nun schon drei Wochen lang auf großer Krach der Republik Tour – wie ist aktuell die Stimmung bei euch im Tourbus?
Andi: Die Stimmung ist gut! Es macht eine Menge Spaß und solange auf Tour alle gesund sind, ist’s schon einmal gut. Das ist der Fall. Es macht gerade echt Spaß! Es ist ja auch so, wenn du eine neue Platte hast, dann weißt du ja auch nicht so genau, wie die neuen Lieder funktionieren. Von der neuen Platte kommen extrem viele sehr gut an und die Leute scheinen das zu mögen. Das bekommst du natürlich mit – da kommt ziemlich viel von den Leuten zurück und das macht uns dann wiederum Spaß.
Es gab schon echte Highlights, ne? Der Tourstart selber war schon gut. Das ist ja manchmal so, dass da nicht alles so rund läuft. Das war in dem Fall in Leipzig aber alles super. Und zum Beispiel in Düsseldorf, als wir da am ersten Tag gespielt haben und Fortuna Düsseldorf ein paar Hundert Meter weiter 2:0 zur gleichen Zeit gewinnt, wie wir da gespielt haben und wir die Tore in die Halle übertragen konnten…. Solche Momente sind immer gut auf Tour! Aber wie gesagt, momentan macht es uns sehr sehr viel Spaß!
Auf der aktuellen Tour habt ihr neben vielen Stücken vom neuen Album auch einiges an Covern am Start. Warum covert ihr so gerne und was muss ein Lied ausmachen, dass ihr sagt ‚Oh, das könnten wir ja auch mal spielen?‘
Andi: Naja, es ist ja nun so, dass sowas wie „Heute Hier, Morgen Dort“ auf der Platte „Die Geister, die wir riefen“ drauf ist und deswegen hat das, glaube ich, voll seine Berechtigung, dass wir das auch spielen. Es gibt eben ein paar bestimmte Cover-Versionen, die wir eben gerne mögen. Du guckst halt: Was macht dir Spaß zu spielen? Was passt in das Set? Was funktioniert live? Manche Sachen tauschst du dann aber auch wieder aus: „Amadeus“ (Anmerkung der Redaktion: „Rock Me Amadeus“) haben wir ja am Anfang gespielt, spielen wir jetzt gerade nicht, kann aber auch sein, dass wir das wieder mit rein nehmen.
Wir versuchen schon, ein bisschen zu tauschen. Du hast auf Tour so eine Art Grundgerüst und eine, ich sage jetzt mal, „Ersatzbank“ mit 30 Stücken, die wir dann während der Tour alle einwechseln. Es ist ja auch so ein Prozess, der da stattfindet, weil du eben auf Tour dann merkst, was gut zusammenpasst und was funktioniert. Und du probierst eben auch rum.
Wenn du zwei Abende in einer Stadt spielst, versuchst du natürlich das Set unterschiedlich zu gestalten, weil wahrscheinlich auch ein paar Leute doppelt kommen. Es gibt sowieso ein paar Leute, die kommen auf der ganzen Tour und da versucht man dann schon so ein paar Lieder auszutauschen. Aber das Grundgerüst ist natürlich das Selbe und dann wird ein wenig getauscht – also wir spielen jetzt nicht komplett andere Sets.
Was macht für dich ganz persönlich einen guten Abend – ein gutes Konzert aus?
Andi: Also erst einmal ist es gut, wenn alles funktioniert. Ich glaube, das hat ganz, ganz viel damit zu tun, was bei den Leuten abgeht. Das ist mit entscheidend. Klar, natürlich auch wie wir die Stücke spielen – da gibt es Unterschiede. Vielleicht hören das die anderen nicht, aber es gibt schon Tage, wo wir besser sind und Tage, wo wir schlechter sind. Das merkt man dann schon.
Dann gibt es natürlich Sachen, die sowas beeinflussen können. Zum Beispiel wenn du dich auf der Bühne überhaupt nicht hörst – dann ist so ein Konzert weniger geil und wenn du super hörst, ist der Abend schon wieder viel, viel besser! Aber wie eben schon gesagt: Der größte Part ist natürlich, bei uns ist das wohl mit der entscheidende Part, was beim Publikum passiert! Und da passiert zur Zeit ‘ne Menge, insofern macht das sehr viel Spaß.
Gibt es auf Tour auch stressige Tage, an denen du eigentlich gar keine richtige Lust auf deinen „Job“ hast? Und falls ja, wie motivierst du dich, am Abend wieder alles zu geben?
Andi: Also erst einmal sehe ich das hier nicht als meinen Job an…
Ist es aber irgendwo doch!
Andi (lacht): Gott sei Dank! Natürlich gibt es Momente – den gab es auf dieser Tour jetzt noch nicht – aber die hab ich natürlich alle schon gehabt. Wenn du natürlich Grippe und Fieber hast und dir es echt nicht gut geht, du aber wegen so einer Lappalie kein Konzert absagst, dann ist es vielleicht nicht der geilste Abend. Da kannst du dir bessere vorstellen. Aber du brauchst dich eigentlich nicht großartig motivieren. Wenn du da raus gehst und da stehen so wie heute Abend elftausend Leute, die das irgendwie sehen und hören wollen, dann ist das Motivation genug. Also ich brauch da keine andere Motivation. Da willst du automatisch das Beste geben. Alles andere wäre komisch, finde ich.
Wenn du dich vor 30 Jahren nicht für die Musik entschieden hättest oder das mit den Toten Hosen nicht geklappt hätte, wo würdest du dich heute sehen?
Andi: Keine Ahnung,… also wahrscheinlich wäre ich Taxifahrer oder so. I don’t know. Ich wollte mal Fotograf werden, aber ob das dann geklappt hätte ist eine ganz andere Frage. Insofern bin ich ganz froh mit dem Status Quo, so wie er ist und dass das alles so passiert ist. Das war natürlich alles nicht planbar. Es gab auch schon so Momente, wo du dir überlegt hast, sollte man jetzt nicht mal einen anständigen Beruf erlernen? Aber Gott sei Dank haben wir das immer so gehalten, dass die Band immer das Wichtigste war und wir haben es einfach gemacht. Dass das dann eben funktioniert hat, da war sicherlich auch ´ne Menge Glück dabei. Aber wir sind natürlich froh darüber, dass es so ist.
In eineinhalb Wochen erscheint eure neue Live-DVD „Noches Como Estas“ mit dem Bonusmaterial von der Magic Mystery Tour. Viele Fans fragen sich, warum kein Material vom Jubiläumskonzert in Bremen veröffentlicht wird.
Andi: Naja man könnte da zig andere Sachen noch rein machen und wir dachten, irgendwann wird’s dann auch ein bisschen viel. Ich glaube, das sind jetzt schon 240 Minuten oder so. Ich finde, das ist schon okay. Da kann man sich eine Weile mit beschäftigen. Natürlich kann man immer noch mehr rein tun, aber wir fanden, das ist jetzt `ne runde Sache und wir sind sehr froh darüber, dass wir das in Buenos Aires aufgenommen haben, weil das schon ein besonderes Konzert war.
Und die Wohnzimmertour war für uns einfach nur brillant, weil das einfach nochmal was komplett anderes am Touren ist. Das liegt ja in der Natur der Sache. Da haben wir einfach Plätze und Leute kennen gelernt; das war einfach was Besonderes. Da gab es einfach klasse Abende, die auch so normal auf Tour nicht stattfinden würden.
Blicken wir ins kommende Jahr: Bereits jetzt sind schon mehrere Konzerte in großen Locations wie zum Beispiel das Bochumer Stadion einmal oder sogar mehrere Male ausverkauft. Wie fühlt sich das gerade an?
Andi: Ja, es freut einen schon, – es wäre blöd, wenn’s leer wäre. Es ist schon so, dass uns momentan viele Leute hören und sehen wollen. Das freut uns natürlich. Aber das ist jetzt auch kein Grund durchzudrehen, da kommen sicherlich auch wieder andere Zeiten. Man sollte alles genießen, was man da hat und du weißt sowieso nicht, was passiert. Du kannst morgen verunglücken, irgendwas passiert und du kannst nicht mehr spielen… Insofern sollst du alles genießen, was du da hast. Das klappt zwar nicht immer (schmunzelt), aber das probier ich und ich freu mich da drauf. Wie gesagt, es macht gerade echt Spaß und insofern – ich bin sowieso jemand, der super gerne auf Tour ist. Ich finde es klasse, durch die Gegend zu fahren und zu spielen.
Kommen wir auf das große Open Air Konzert in Berlin zu sprechen, dass kommenden August ansteht. Das wurde als große Grillparty angekündigt – viele Fans freuten sich bereits auf eine Grillparty wie 2002 in der Loreley. Plötzlich war der Zusatz dann aber wieder verschwunden – kannst du uns sagen warum?
Andi: Ja, da gibt es irgendwelche Unstimmigkeiten, ob man da jetzt grillen darf, oder nicht. Da muss jetzt noch einmal nachverhandelt werden; das ist eine Genehmigungssache. Damit haben wir nichts zu tun, – wie würden das gerne machen, aber wir haben da nicht das alleinige Sagen.
Okay, dann sind wir auch schon bei der Lieblingstape-Frage angelangt: Stell dir vor, du müsstest ein Mixtape mit genau drei Liedern erstellen – welche Songs wären auf deinem Lieblingstape zu finden?
Andi: „London Calling“ von The Clash… Boah, drei ist echt hart! Drei ist nicht schlecht… da muss ich jetzt plötzlich hin und her überlegen… „Killing In The Name Of“ (Rage Against The Machine) … was würde ich denn da noch drauf tun? Ja, nehmen wir den Klassiker – nehmen wir „Blitzkrieg Bop“ (Ramones). Aber da fallen mir reichlich Tapes ein mit reichlichen Liedern. Ja, das passt schon!
Lieblingstape bedankt sich fürs Zeit nehmen!
Das Interview führte Arabell Walter.
Fotos: Kevin Winiker.
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