Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt schon Nachmittags an einem Hintereingang zu warten, kommt einem im ersten Moment erst einmal ziemlich dämlich vor. In Anbetracht der Lage, dass wir mit Alex aber keinen genaueren Termin vereinbart hatten, war es der Preis für ein sehr nettes Interview, dass ihr hier nachlesen könnt. Nachdem wir uns hinter der Bühne aufgewärmt hatten, zogen Lucy und ich noch einmal durch die Innenstadt, um die restliche Zeit vor dem Konzert nicht weiterhin in der klirrenden Kälte verbringen zu müssen.
Kurz nach 19:00 Uhr saß unsere komplette Truppe wieder in der ersten Reihe und man wartete gespannt darauf, wie sich der heutige Abend entwickeln würde. Eine Stunde später betraten dann Misconduct die Bühne. Während sie am Vorabend noch einen Funken Sympathie mit sich trugen, machten sie am zweiten Abend alles wieder zunichte. Möglicherweise genießen sie in ihrem Heimatland Schweden einen größeren Bekanntheitsgrad – doch hier in der Garage wirkte alles unglaublich aufgesetzt und peinlich. Durch den Graben laufen und bei den „Fans“ abklatschen, die das selbst gar nicht wollten oder mit dem eigenen Instrument posen, sobald eine der Spiegelreflexkameras im Graben auf einen zeigt – ja Misconduct sorgten bei uns durchaus für den ein oder anderen Lacher, der allerdings auf ihre Kosten ging. Und mal im Ernst: Wer kann eine Band ernst nehmen, deren Ansage nach allen zwei Liedern „We fucking love you“ lautet und dann zwei der fünf Bandmitglieder allerdings nicht einmal in der Lage sind, den eigenen Hosenstall zu schließen? Für die Zielgruppe, die sich die Donots teilweise mit ihren Green Day-Support Shows erspielt haben, war es mit Sicherheit die richtige Musik. Unsere Truppe war jedoch sichtlich erleichtert, als der Spuk nach einer knappen dreiviertel Stunde vorbei war…
Wenige Minuten nach neun war es dann wieder so weit – mit dem altbewährten Intro „Changes“ kamen die Jungs nacheinander auf die Bühne und schon beim zweiten Song – wie gewohnt „Calling“ – wusste ich, dass Alex mit seiner Aussage „Mord und Totschlag“ gar nicht mal so falsch lag. Das Publikum hüpfte, tanzte, klatschte und sang, als würde es keinen Morgen geben. Auch Ingo kam aus dem Staunen nicht mehr raus und wer in den vorderen Reihen stand, konnte mehrmals ein ungläubiges „Altervatter“ von seinen Lippen ablesen.
Die einzigen negativen Zeilen, die man über den Donots-Auftritt verlieren könnte, würden einzig und allein den Crowdsurfern gelten, die einem die Atmosphäre bei Liedern wie „Room with a view“ oder „Today“ nahezu vollständig zerstört haben. Aber darüber kann man hinwegsehen, wenn es solche Highlights wie eine Konfetti-Schlacht gibt. Ausgehend von der Idee, sich auf den Boden zu setzen, Dreck und Staub in die Hände zu nehmen und mit einem Mal aufzuspringen und den Inhalt in die Luft zu wirbeln. Da man in einer Halle meist recht wenig Dreck findet – oder zumindest zu wenig, um den gewünschten Effekt zu erzielen – griff man im Publikum kurzerhand zu Konfetti: Und es sah großartig raus!
Ob man den nächsten Punkt als Highlight ansieht, liegt definitiv im Auge des Betrachters. Es war schon wirklich Ironie des Schicksals, dass einen Abend nachdem der Misconduct-Sänger aus unerklärlichen Gründen seine Hose zerstört hatte, auch Ingos Hose den Geist aufgab und plötzlich an der gleichen Stelle aufriss. Hätte er das Publikum nicht mit einem lachenden „Ich glaube, meine Hose ist eben kaputt gegangen“ darauf aufmerksam gemacht, wäre es (vorerst) niemandem aufgefallen. Zumindest nicht, bevor er bei „We’re not gonna take it“ das gewohnte Bad in der Menge nahm und das Loch somit verdreifachte. Mit den Erinnerungen an den Vorabend hatten wir auf alle Fälle was zum Lachen und als Ingo bei der Begutachtung des Loches dann auch noch von seinem Podest rutschte, stimmten seine Bandkollegen voller Schadenfreude ein.
Was die Setlist angeht, gab es nur den Austausch von „Ich töte meinen Nachbarn…“ und „Oh Yeah, Oh Yeah“, den man nur befürworten konnte, da die Kombination aus München („Dead Man Walking“, Duck and Cover“ und „Ich töte meinen Nachbarn..“ hintereinander) für den feierwütigen Musikfan ein sehr kräftezehrender Akt darstellte.
Nachdem das Konzert wie gewohnt mit „Good-Bye Routine“ beendet wurde, machten wir es uns in der Nähe der Bar bequem und feierten, während das Personal damit beschäftigt war, die Reste des Konfetti-Spektakels aufzuräumen, die Musik der Aftershow ab. Kurz bevor wir unsere Heimreise antraten, schauten wir noch „kurz“ beim Merch-Stand vorbei, wo uns ein Bild des Wahnsinns erwartete: Die fünf Donots von einer Menschenmenge umringt auf der Theke stehend und Autogramme gebend… Ausmaße, die für alle Beteiligten wohl etwas befremdlich waren. Nichtsdestotrotz hielt es uns nicht davon ab, noch kurz mit Ingo, Eike und Purgen zu tratschen. Wir bedankten uns für das grandiose Konzert – die Jungs sich für unser erneutes Kommen. „Und was war besser – gestern oder heute?“ – „Das fragst du noch?“ – „Also heute!?“ – Ja Purgen, Saarbrücken geht definitiv in meine Top-3-Donots-Shows ein! Danke sehr!
Changes – Calling – High & Dry – We got the Noise – Blitzkireg Bop (Ramones-Cover) – Forever ends today – This is not a drill – Pick up the pieces – Hello Knife – Room with a view – Today – To hell with love –Teenage Kicks (Undertones-Cover) –The Years gone by – Let it go – Break my stride – Saccharine Smile – Stop the clocks – Whatever happened to the 80s? – Dead man walking – Duck and Cover – Oh yeah oh yeah – We’re not gonna take it (Twisted Sister-Cover) – Goodbye Routine
Arabell ||Pennsocke
Zeitgleich veröffentlicht bei Rock Fucker Rock.
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