Ähnlich wie ein Jahr zuvor, ging es am 25.12. bereits am frühen Nachmittag mit Bus und Bahn in Richtung Schweinfurt. Glücklicherweise hatte die Kneipe des alten Stattbahnhofs bereits geöffnet, sodass ich die mir bevorstehenden sechs (!) Stunden Wartezeit wenigstens im Warmen verbringen konnte. Und nein, nicht falsch verstehen: Ich kam nicht so früh, weil ich etwa ganz vorne stehen wollte, sondern weil ich mit dem nächsten Bus in Richtung Würzburg unter Garantie den Konzertanfang verpasst hätte – hallo Landleben!
Aber sechs Stunden, drei Bier, ein Cuba Libré, ein Sojasteak mit Pommes und Willkommensgrüßen seitens Tobi, Sven und Matze war es dann so weit: Während sich die einen bereits auf die Abendkasse stürzten, konnten all jene, die sich bereits im Besitz einer Karte befanden, im großen Saal einen Platz suchen. Mich trieb es zunächst auf die linke Seite und nachdem sich der Saal weitestgehend gefüllt hatte, betraten auch schon Wilson JR die Bühne. Trotz ihres Sympathischen Auftritts konnten die drei Musiker aus Würzburg und Schweinfurt mich nicht so recht überzeugen. Irgendwie klang das ganze zu glatt, zu sehr nach schlichtem Deutschrock. Nach der Hälfte des Sets verabschiedete ich mich wieder nach hinten, traf bekannte Gesichter und verdrückte mich mit diesen nach draußen, um diejenigen, die auf die Musik achten wollten, nicht zu stören.
Nach der Umbaupause fand ich mich gemeinsam mit Freunden und Konzertbekanntschaften wieder direkt vor der Bühne wieder und fieberte dem letzten Senore Matze Rossi Konzert in Begleitung seiner Band entgegen. Gut gekleidet in Hemd und Sakko betrat Matze mit seiner Akustikgitarre die Bühne und eröffnete den Abend mit den Stücken „Analog am Stück“ und „Das ist für die Lieblingslieder“. Gleich zu Beginn zeigte sich das Schweinfurter Publikum unglaublich lautstark und textsicher, sodass Matze freudestrahlend mit „Wenn das ein Film wäre“ fortfuhr. Ja, wenn dies ein Film gewesen wäre, hätte er Applaus verdient gehabt – das fand auch das Publikum und applaudierte an gegebener Stelle, zu der auch die restlichen Bandmitglieder die Bühne betreten hatten.
Auch diese hatten sich sichtlich in Schale geworfen – allesamt trugen sie Anzüge und auch die Bühne hatte man für das letzte Konzert der vier Schweinfurter ganz besonders gestaltet. Überall standen große Hochhäuser aus Pappe, die echt was her machten und den Anwesenden zu verstehen gaben: Das Konzert hier heute Abend ist anders alle anderen…
„Das nächste Lied habe ich geschrieben, als die ganze Sache mit Tagtraum endete und irgendwie passt das auch heute ganz gut“, lautete die Ansage zu der Live-Rarität „Aus Traumruinen“. Sie müssen gehen, um zu bleiben – der Kloß saß schwer in meinem Hals. Und als mir Matze im Anschluss daran für 14 besuchte Rossi-Konzerte im Jahr 2011 „Einer von den Spinnern“ widmete, zogen noch einmal all die Erinnerungen an meinem geistigen Auge vorbei, die ich dank dieser gemeinsamen Tage erleben durfte.
Nachdem mit „Hallo Stadt“ eine weitere Live-Rarität gespielt wurden und anlässlich zu diesem Stück Freundinnen der Band einen fatastischen Backgroundchor zum Besten gaben, tauschte ich meinen Platz in der ersten Reihe mit einem Platz auf dem äußersten Ende der Bühne aus. Und das Bild, das sich mir von dort oben bot, ließ meine Kinnlade ein Stück weit nach unten sinken: Der Laden war komplett voll, was heißen muss, dass gut 400 Leute gekommen waren, um die Rossi-Band gebührend zu verabschieden! Wow!
Es folgten die neueren Stücke, die bisher nur auf Download-EPs erschienen waren und zugegebenermaßen sah man hierbei Einigen im Publikum an, dass ihnen diese Stücke völlig unbekannt waren. Schade eigentlich, denn in meinen Augen war die Band vor allem innerhalb des vergangenen Jahres eine Bereicherung und die Rossi-Songs gingen wieder verstärkt in Richtung laut und rotzig! Besonders gefreut habe ich mich über „Lauf Schildkröte, Lauf!“, da ich das viel zu lange nicht mehr live gehört hatte.
Als sich nach 18 gemeinsamen Stücken die Band erst einmal für ein kühles Bier oder einen weiteren Cuba von der Bühne verabschiedeten, gönnte sich Matze keine Pause und gab zusammen mit seiner Akustik-Gitarre noch „Dreh Mich“ und „Balsam“ zum besten, die seitens der Publikums mit einem unfassbar lautem Chor quittiert wurden. Diese Lautstärke findet man tatsächlich nur bei den Weihnachtskonzerten in der Heimatstadt (oder mit viel Glück in der Wunderbar zu Westerstede). Unglaublich! Nach den zwei Stücken fanden sich die restlichen drei Herrschaften wieder auf der Bühne ein und widmeten das folgende Stück „Ich hoffe, dass du findest, was du suchst“, der extra aus Berlin angereisten Katha Karg.
Mit „Warum aus mir und meinen Freunden nichts mehr werden kann“ kam ein absolutes Highlight. Während bei den bisherigen Konzerten lediglich die Musik und die „Ohoo“-Chöre aus dem Pixie-Song „Where is my mind“ übernommen worden waren, gab es an diesem letzten Bandabend in Schweinfurt auch der englische Refrain übernommen. Und während Matze und das Publikum den eingängigen Chor zum besten gaben, sang oder sprach Gitarrist Sven die dazu gehörigen Original-Zeilen. Eine hervorragende Kombination aus Rossi und den Pixies – schade, dass es bei dieser einzigen Darbietung bleiben wird.
Nach insgesamt 27 Songs gab es mit „Alles oder Nichts“ das letzte Lied des Abends und somit auch das letzte Rossi-Konzert in Begleitung der Band. Um ehrlich zu sein, bekam ich innerhalb der letzten Minuten noch einmal richtig feuchte Augen und ärgerte mich gleichzeitig so sehr, dass ich es vor einem Jahr zum ersten Mal auf ein Bandkonzert geschafft hatte. So viel Spaß und sinnlose Ansagen gibt es auf den Solo-Konzerten einfach nicht in diesem Ausmaß. Aber das Leben geht weiter – sie müssen gehen um zu bleiben. Als dann schließlich die Instrumente verräumt, die Papphäuser wieder zusammen gefaltet und die Flaschen geleert waren, hieß es dann auch für mich Abschied nehmen – mit dem Wissen, dass das nächste Treffen womöglich erst wieder in ein paar Monaten statt finden wird… oder womöglich noch später…
Nichts desto trotz: Danke für immerhin sechs großartige Bandkonzerte und die damit verbundenen Zeiten, vor allem die langen Fahrten im Bandbus bei denen man sich wirklich immer wieder fragte, ob das nun die Verfilmung von Nagels „Wo die wilden Maden graben“ sein solle. Danke, danke, danke – und vielleicht hört man ja früher oder später wieder etwas von der Band namens Radio Free Robots neues!
Arabell
[…] Das letzte Matze Rossi Konzert (mit Band): https://lieblingstape.wordpress.com/2011/12/27/senore-matze-rossi-2011-swc/ […]